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Nationalmannschaft: WM-Quali-Tagebuch 3

24. Mai 2022 (Lettland - Valmiera)
Der dritte Tag in Lettland ist Geschichte. Und dabei gab es einen WM-Final «light».

 

Tag 3 in Lettland und es ist passiert. Wir haben einen Spieler im Hotel vergessen. Vieles ist bei den bisherigen sechs WM-Quali-Teilnahmen und einer C-WM passiert, aber noch nie, dass einer vergessen ging. Wie kam’s? Der Betreffende verschlief die Abfahrt des Cars zum Training und erst in der Halle stellten wir fest: Wir sind ja nur 17. Der Nachzügler versuchte via Hotel-Reception ein Taxi zu organisieren, doch scheinbar ist die Arbeitsmoral bei Valmieras Taxifahrer nicht besonders hoch. Erst der fünfte Kontaktierte hatte Zeit und Musse, die Fahrt nach Koceni (rund sieben Kilometer) zu übernehmen. Mit etwas Verspätung traf der Vermisste dann ein. Was lernen wir: Ab sofort wird immer im Bus nachgezählt.

 

Apropos Bus: Unsere Busfahrer sind teilweise recht schräge Vögel. Böse Zungen würden jetzt sagen, schräger Busfahrer ist ein Pleonasmus. Jedenfalls, unser Lieblingsdriver ist ein älterer Lette, der zwar kein Wort Englisch spricht, dafür noch recht gut Deutsch. Müssen wir uns natürlich zurückhalten mit bösen Sprüchen. Auf seinem Lenkrad hat er stolz das Ferrari-Emblem aufgeklebt. Und wie ein Formel-1-Pilot fährt er auch. «Oh, Autoschule», rief er heute plötzlich, als vor ihm ein Lernfahrer im Fahrlehrerauto fuhr. Und keine zwei Sekunden später riss er das Steuerrad herum und setzte er zum Überholmanöver an. Mit einem Bus. Innerorts. Alles ist möglich in Lettland. Wir kamen zum Glück heil am Ziel an.

 

Das Ziel hiess Olympic Centre. Dort wo wir vor sechs Jahren die Quali spielten, traten am Abend die finnische Nationalmannschaft gegen die Schweden in einem Charityspiel zu Gunsten der Ukraine an. Vor gut einem halben Jahr standen sich die gleichen Länder im WM-Final gegenüber. Die Neuauflage in Valmiera war dann aber schon eine Light-Ausgabe davon, da beide Teams viele neue, junge Spieler testen während dieser Quali. Doch es ist halt so – wenn die beiden Nachbarn und Erzrivalen aufeinandertreffen, geht’s zur Sache. Intensität und Tempo waren hoch und auch mit technischen Kabinettstückchen sparten beide Teams nicht. Am Schluss gabs ein 4:4, auch dank den lettischen Schiedsrichtern, die kurz vor Schluss beim Stand von 4:3 für Finnland noch eine Strafe gegen das finnische Team «fanden», was die Schweden dann auch prompt ausnutzten.

 

Aber egal, am Ende zählte die schöne Geste zu Gunsten der Ukraine, denn es dürfte einiges zusammengekommen sein. Zumindest war die Tribüne gut gefüllt und fünf Euro kostete der Mindestbeitrag. Das Einzige, was genervt hat, war der Animateur am Spielfeldrand, der pausenlos das Publikum zum Schreien animierte. Da merkten wir «Ausländer», dass Basketball der Nationalsport Nummer 1 ist. Gut, vielleicht wär’s lustiger gewesen, wenn wir verstanden hätten, was er dauernd rief. So tönte es nur nach «Drehschuss! Drehschuss!» oder «Häsi! Häsi!». Wenig fehlte, und wir hätten dem Marktschreier das Mikro weggerissen.

 

Apropos Nationalsport: Wir wohnen ja diese Woche im Jalina Dalina Stadium Hotel. Zusammen übrigens nur mit den Finnen und Norwegern, die heute auch angereist sind. Wie wir nun herausgefunden haben, ist das Hotel erst im vergangenen August fertig gestellt worden. Es wurde dabei an das Stadion angebaut, das nach dem lettischen Geher Janis Dalins benannt wurde. Der Valmieraner Dalins war 1932 der erste Lette, der eine Olympische Medaille gewann. 1932 holte er die Silbermedaille in Los Angeles über 50 Kilometer Gehen. Und tatsächlich sieht man heute noch Menschen hier, die im komischen Geher-Wackelgang ihre «Jogging»-Runden drehen. Am Dienstag war aber Leichtathletik Trumpf im Jana Dalina Stadion – ein Jugitag mit vielen Kindern ging lautstark über die Bühne. Die klassische Musik, die morgens aus den Lautsprechern klang, hat uns sanft geweckt. Auch mal schön.

 

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