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Ein mieses Gefühl

Vorhang auf! Am Sonntag, 05.04.2020 wäre sie über die Bühne. Die letzte Meisterschaftsrunde der Saison 2019/20. Sowohl für die Damen- als auch die Herrenmannschaft. Gekommen ist aber alles ganz anders. Unbestritten, ausser Zigeuner und Science-Fiction-Regisseuren traut es sich niemand zu, die Zukunft vorherzusagen.

 

Aber hätten es die Damen in den letzten vier Partien vielleicht geschafft, die beiden vorderen Teams noch einmal richtig zu ärgern? Und das, obwohl die Verletzungshexe im Laufe der Saison kräftig mitgemischt hat? Hätte es vielleicht sogar noch eine kleine Hoffnung auf einen richtigen Spitzenkampf gegeben?

Wären die Herren zu ihrem Endspiel in der wohl kleinsten Sporthalle der Welt gekommen? Mit dem wahnsinnigen Teamspirit und der unendlichen Motivation etwas Grosses zu schaffen, gut vorstellbar. Für manch Gelb-Blauen hätte dieser 05.04.2020 etwas Historisches bedeuten können. Ein Aufstieg mit anschliessender Eskalation der Gefühle. Jeder hat es sich ausgemalt, davon geträumt und mit dem Gedanken gespielt, den darauffolgenden Montag frei zu nehmen. Nur darüber gesprochen wurde selten…

 

Lohnt es sich wirklich, sich mit dem grössten Feind eines jeden Sportlers - dem Konjunktiv - anzulegen?

 

Vermutlich nicht, denn Sport lebt von Tatsachen. Und wenn Sportlern alle Möglichkeiten genommen werden, um Tatsachen zu vollbringen, bleibt da nicht mehr viel übrig. Mit Spekulationen und Hirngespinsten will sich niemand auseinandersetzen. Es fehlen schlichtweg die Emotionen. Emotionen, die alles um einen herum vergessen lassen, wenn der Schlusspfiff ertönt und der mühsam erarbeitete Sieg in der Tasche ist. Emotionen, die auf einen niederschlagen, wenn man sich nach einer bitteren Niederlage in der Kabine hinsetzt und realisiert, was man gerade verpasst hat. Doch an diesen Emotionen kann man wachsen, noch Grösser werden und die entsprechenden Lehren daraus ziehen. Aber was, wenn einem das alles genommen wird?

 

Es gibt unzählige Gründe, weshalb sich jemand für Mannschaftssport entscheidet. Als kleiner Teil etwas zu einer Gruppe beizusteuern, woraus ein Gefüge entsteht, das von aussen unzertrennbar scheint. Egal welches Alter, egal welches Geschlecht, egal wie viel Talent in einem steckt. Die Gruppe steht über allem. Die Leidenschaft gemeinsam zu (er-)leben, für dasselbe Ziel zu brennen und sich gegenseitig zu motivieren. Deshalb verabscheuen wohl die meisten (bis jetzt) das 'Joggen': Alleine, kein wirkliches Ziel, null Emotion, schlichtweg immer dasselbe. Jedoch scheint in uns allen gerade jetzt ein (zumindest kleines) Stück Dauerläufer zu stecken. Sich aufraffen, den Weg zu machen, um am Ende doch etwas getan zu haben, dass der gesamten Gruppe weiterhilft. Die Art und Weise spielt dabei absolut keine Rolle. Denn am Schluss müssen wir wieder bereit sein. Bereit sein, die Banden aufzustellen, einander zu duellieren und motivieren, um besser zu werden. Ohne Geduld kein Erfolg. Auch wenn es die kleinste Turnhalle der Welt ist, was würden wir genau jetzt dafür geben, ein paar Bälle darin zu schlagen? 

 

Und so schliesst sich der Vorhang wieder. Der Unterschied zum Normalfall besteht darin, dass die letzte Vorstellung ohne seine Darsteller, ohne Bühne und ohne Applaus auskommen muss. Ein mieses Gefühl…

 

Das Einzige, was sich in diesen Zeilen nicht nur auf den Sport bezieht ist, dass wir nur gemeinsam Grosses erreichen werden. Wie sagte einst Carl Hilty: «Das Glück des Lebens besteht nicht darin, wenig oder keine Schwierigkeiten zu haben, sondern sie alle siegreich und glorreich zu überwinden. »

 

Bleibt gesund!

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