Eine Hommage an die Pfeifen
[Die Pfeife ist ein Tonerzeuger, bei dem ein Luftstrom eine Kante trifft und die Luft in einem anschließenden Hohlraum in Schwingungen versetzt. Turbulente Strömungen an der Kante regen die Bildung einer stehenden Schallwelle im Resonanzraum an. An Stelle der Luft können auch andere Gase verwendet werden, auch Aerosole wie Wasserdampf. Die Pfeife wird als Luftblattinstrument, also als Flöte klassifiziert.]
Distanziert betrachtet sind Pfeifen einfache Werkzeuge in der Sportwelt. Dabei geht es doch um so viel mehr: Anfang und gleichzeitig Ende eines Spiels; akustischer Helfer als Entscheidungsträger; Übermittler guter und schlechter Nachrichten. Ja man könnte sagen der emotionale Ganghebel eines jeden Sportlerherzen. Gemischt mit Fingerspitzengefühl könnte es zwischen vermeintlichen Gegnern so friedlich zu und hergehen. Doch aus der Sicht einer heillos überforderten Pfeife und deren Benutzer wird ein Spiel, oder eben deren zwei, ziemlich schnell zu einem Akt der versuchten Machtdemonstration, was aber doch nicht gelingen mag, weil die Autorität und das Unverständnis in der Sportwelt manchmal einfach zu wenig im Einklang stehen.
Darüber entscheidet meistens der erste Pfiff, von dem sich der Sportler direkt ein moralisches Bild vom weiteren Verlauf einer Partie zeichnet. Wird die Pfeife zu all dem noch parteiisch (genutzt), ergibt sich schnell ein ziemlich merkwürdiges Bild von einer Gruppe, die erst wie Schamanen tanzend zur Rudelbildung ansetzen und einer anderen Gruppe die sich darauf konzentriert auf keinen Fall ins Blickfeld dieser tobenden Menge und des Entscheidungsträgers zu gelangen, um friedlich und behütet ihr Spiel fortzusetzen.
UHCS – UHC Tuggen-Reichenburg (6:5)
Die Pfeife freut sich auf den ersten Bully-Pfiff. Hier handelt es sich um das einfachste der Welt, da sich beide Seiten total auf das Spiel freuen. Moment, erst noch Stöcke anfassen und deren Winkel richten. Schon den ganzen Tag. Ist das überhaupt des Entscheidungsträgers Aufgabe? Dann geht’s los. Im Augenwinkel auch schon den ganzen Tag die verwirrend eingezeichnete Wechselzone verfolgt (hiermit Dank an Chur, Blumenstrauss folgt). Und schwupp, erwischt es nach sechs Minuten den ersten Schaaner, der zwar ästhetisch wie ein junges Reh über die Bande springt, nur leider in der falschen Zone. Geil, endlich wieder 2'-Strafe pfeifen. Erste Verwirrung bei Schaan. Der Pfeife egal, sie pfeift nur. Tuggen kann die Überzahl nutzen und jawohl, da wird zum 0:1 gepustet. Weiter geht’s und siehe da, die Schaaner beissen sich ins Spiel. Drei Mal nacheinander treffen die Liechtensteiner. Na gut lassen wir so stehen. Aber hoppla, auch Tuggen kommt wieder ran, Ausgleich! Der zweite Block der Schaaner kombiniert gut, fast ein bisschen zu schnell und da zappelt das Netz bereits wieder. So, Zeit ein bisschen Schwung raus zu nehmen. Der Ball berührte doch die Hand, raus auf die Strafbank! Tuggen nutzt die Überzahl erneut. Jetzt erst einmal zur Pause pfeifen.
Am besten genau gleich weitermachen. Klares Foul, klare Strafe. Raus mit dem Captain. Spielt eben in diesem zweiten Block, trifft sich gut. Tuggen nutzt die Überzahl, was auch sonst. In einer ereignislosen Phase gibt’s lediglich zwei Tore der Schaaner zu pfeifen. Schon wieder dieser zweite Block. Die Schlussphase bringt dann wieder ein bisschen Action, klares Vergehen von Schaan, das waren eindeutig paar cm zu wenig Abstand! Unterzahl läuft, Freischlag Schaan. Was machen die da? Aha, Torhüter raus, dritter Feldspieler rein. OK alles korrekt, passt den Tuggener nicht so. Oh, das war ein zu hartes Einsteigen, insbesondere gegen den Schaaner Routinier. Tja, da muss man auch Tuggen mal eine Strafe geben. Mit zwei gegen zwei Feldspieler geht’s in die Schlussphase, wo nichts mehr passiert. Immerhin nicht auf die Zeit konzentrieren, dass erledigt die Sirene. Gut gekämpft Schaan, das war aber knapp. Pinkes Matchblatt in die Tasche und nur noch ein Spiel.
UHCS – UHC Eschenbach (8:7)
Das letzte Spiel des Tages. Noch einmal dieses Stock-Greifen-Ding und los geht’s. Schaan wieder mit mächtig Power und zack Tor. Anpfiff, wieder ein Angriff und Tor. Bully, dann mal Eschenbach und Tor. Erste Minute und schon 2:1 – das letzte Spiel hat man sich gemächlicher vorgestellt. Wenigstens gibt’s was zu pfeifen. Zwei Minuten vorbei, erhöhen die Schaaner schon wieder zum 3:1 und nur fünf Minuten später zum 4:1. Jetzt sollte Eschenbach aber langsam etwas unternehmen. Machen sie auch, 4:2. Vielleicht kann man das Spiel noch ein wenig beleben und siehe da, wieder verhält sich ein Schaaner regelwidrig und lässt die zwei Finger in die Höhe schnellen. Am Spielstand ändert sich aber bis zur Pause nichts.
Die Eschenbacher haben sich wohl ein wenig besser erholt und immerhin kann der Anschlusstreffer zum 4:3 gepfiffen werden. Jetzt geht vielleicht doch noch was! Druckphase von beiden Teams, Konter und halbhoher Pass quer übers Feld und springt dabei einem Schaaner an die Hand. Diese befindet sich zwar am Stock aber Hand ist Hand. Ab auf die Strafbank. Anschliessend gibt’s natürlich Freistoss. Zwar ist der Ball bereits gespielt aber der Stock vom Gelb-Blauen war doch zu schnell beim Gegner. Das kann doch nicht fair sein und wird auch gleich bestraft. Jetzt noch kurz erklären, wie sich die beiden Strafen auf die Zeit auswirken und weiter geht’s. Eschenbach nutzt beide Powerplays und endlich haben wir einen Führungswechsel.
Wieder beide Sträflinge zurück beim Team? Check! Die Zwei sind sogleich beim nächsten Doppelschlag der Schaaner involviert. Wieder Führung für Gelb-Blau. Jetzt läuft hier was. Das merkt auch Eschenbach und startet wieder einen Angriff. 35. Minute und wieder Ausgleich zum 6:6. Doch schon wieder in derselben Minute die Antwort von Schaan. Danach dauert es mal ganze zwei Minuten, ehe Eschenbach erneut ausgleicht. Die letzten Minuten vor der Spesenabrechnung hätten jetzt nicht ein solches Tohuwabohu werden müssen aber man hat's ja selber in der Hand. Die letzten 38 Minuten genug kompensiert und jetzt auch mal einen von Eschenbach rausstellen. Powerplay Schaan – Tor – Riesenjubel. Hm ob jetzt das so im Drehbuch stand. Aber da bietet sich vielleicht noch eine letzte Gelegenheit. Der Routinier umarmt jetzt den Gegner seit gefühlt der Mittellinie. Vorteiiiil! Er will nicht hören, auch nicht auf seine Teamkollegen. Zwei Finger allez! Jetzt kann man gespannt sein. Umsonst, denn passiert ist nichts mehr. Letztes Mal pinkes Matchblatt geholt und die Pfeife ruht wieder. Tschüss Chur, Spass hat's keinen gemacht aber immerhin die Spesen eingeheimst.
Man muss auch einfach mal dankbar über all jene Pfeifen und deren Benutzer sein, die sich jedes Wochenende von früh bis spät in eine Halle stellen. Ohne sie wäre es nicht möglich, den Sport so auszuführen wie wir ihn kennen und lieben. Das dabei mindestens eine Pfeife mit im Spiel ist, damit müssen wir alle umgehen können und lernen die Pfiffe zu akzeptieren, auch wenn es ab und an bedeutet, gegen jeglichen Verstand anzukämpfen. Dieser Bericht soll Dank und Wut gleichzeitig ausdrücken. Ein Gefühlschaos der Extraklasse, trotz Betrachtung mit Abstand. Genau darum werden Pfeifen in der Sportwelt gebraucht.
Ein Schelm, wer hierbei Böses denkt und über menschliche Pfeifen sinniert J
© Pascal Müller / UHC Schaan